Wir haben die absolut genialste Saison erwischt. Das Wetter ist herrlich warm und auch in der Nacht nicht so kalt, was wir sehr schätzen, da wir in Japan so gut wie jede Nacht draussen schlafen. Alle 5-10 Tage gönnen wir uns eine Nacht in einem Hotel, um mal wieder zu duschen.
Wild campen ist in Japan nicht hochoffiziell erlaubt aber auch nicht wirklich verboten, so lange man sich nicht auf privatem Grund niederlässt, ist es eigentlich kein Problem. Oft campen wir auf alten, unbenutzen Seitenstrassen. Einmal kam die Polizei in einer Bucht aber die haben uns nur ins Zelt geleuchtet und sind dann weitergefahren.
Wir erleben hier eine Gastfreundschaft, die wir noch selten in einem Land erlebt haben ähnlich wie damals vor 10 Jahren in Serbien.
Unser Plan ist es um die Insel Kyushu zu fahren. Ende November kommt uns unsere Freundin Sabine besuchen. Wir werden dann für 14 Tage mit dem Zug durch Japan reisen. Deswegen müssen wir Ende November zurück in Fukuoka sein.
Wir fühlen uns sehr privilegiert, dass wir so eine schöne Zeit erleben dürfen und sind uns bewusst, dass es nicht überall auf der Welt so unproblematisch zu und her geht. Wie es nach Japan weitergeht ist noch ungewiss. Wir haben noch keinen Plan.
In Japan, wie auch in Korea ist eine Post noch eine Post und kein Kiosk. Kundenservice wird ganz gross geschrieben. So kann man Klebeband, Leim (Briefmarken werden aufgeleimt) und Scheren benutzen. Und natürlich werden Lesebrillen zur Verfügung gestellt: Dieses Angebot nahm Sibil dankend an. 🙂
In Nagasaki besuchen wir die Insel Hashima mit einem Ausflugsschiff. Bei der Fahrt kamen wir auch an der Werft von Mitsubishi vorbei. Man kann nicht nur Autos von Mitsubishi kaufen, sondern grad ganze Kreuzfahrtschiffe bestellen! Wir wollten eines bestellen aber wurden uns wegen der Farbe nicht einig.
Und dann kamen wir an: Hashima (japanisch für “Grenzinsel”), oder der weit geläufigere Spitzname “Gunkanjima”, was übersetzt soviel wie Kriegsschiffinsel heisst. Wenn man die Insel von weitem her betrachtet, so sieht sie aus wie ein Kriegsschiff. Diese Insel diente bis 1974 als Kohlemine und ist seither den Naturgewalten ausgeliefert und zerfällt. Die Kohle wurde aus diversen Flözen im Meeresgrund gefördert. Im Jahre 1959 lebten über 5000 Leute auf der Insel. Dies brachte ihr den Rekord des dichtbesiedeltsten Ort auf der Erde ein: Hochgerechnet lebten pro Quadratkilometer 83’476 Personen!
Und so sieht es dann aus, wenn sich die ganze Crew von den Ausflugsgästen verabschiedet:
Nagasaki war der Zielort des zweiten Atombombenabwurfs. Dieses schreckliche Ereignis ist im Nagasaki Atombombenmuseum dokumentiert. Gleich daneben befindet sich die Andachtshalle, wo die Namen aller ums Leben gekommenen Personen in Büchern aufgeschrieben sind.
Das Museum zeigt ein Modell im Originalmassstab der Atombombe “Fat Man“, welche über Nagasaki gezündet wurde. Die Bombe hatte einen Plutoniumkern und zerstörte die halbe Stadt.
Bei einer Explosion einer Atombombe entsteht eine unglaubliche Hitzewelle. So findet man diverse Exponate, welche geschmolzene Glasflaschen zeigen.
Dieser Klumpen Glas enthält Knochen einer Hand.
In unmittelbarer Nachbarschaft des Hypocenters/Bodennullpunkt (Ort der Explosion) steht dieses halbe Torii, welches zum Sannō Shrine führt. Der erste Pfosten wurde durch die Explosion zerstört. Der zweite Pfosten wurde wie durch ein Wunder von der Zerstörung verschont und steht als Mahnmal bis zum heutigen Tag.
Neben Aufklärung, was an jenem Tag passierte, ist die Friedensstiftung ein weiteres Ziel des Museums. So gibt es ein grosses Buch mit vielen Namen von Bürgernmeistern der Länder, die sich für eine atombombenfreie Zukunft einsetzen. Das Bild zeigt eine Grafik, wie viele Atombomben von welchen Ländern gehortet werden.
Die farbigen Origami-Kunstwerke stehen für Frieden und gehen auf eine japanische Sage zurück, welche besagt, dass wer 1’000 Kraniche faltet, der habe einen Wunsch eines Kranichs frei. Der Kranich gilt in Japan als mystisches und heiliges Tier und es wird gesagt, dass er tausend Jahre lang lebt. Darum muss man tausend Kraniche falten um einen Wunsch frei zu haben. Die tausend Kraniche müssen innerhalb eines Jahres von der gleichen Person gefaltet werden.
Sadako Sasaki war ein zwei Jahre altes Mädchen aus Hiroshima und wurde infolge des Atombombenabwurfs verstrahlt. Sie erkrankte an Leukämie und hörte von der oben erwähnten Sage. Sie begann, Kraniche zu falten, setzte sich für Frieden ein und schrieb:
“I will write peace on your wings, and you will fly all over the world.” — Sadako Sasaki
Im Alter von 12 Jahren verlor Sadako den Kampf mit ihrer Krankheit. Freunde Sadakos entschieden, ihr zu Ehren ein Denkmal zu errichten und sammelten Geld dafür. 1958 wurde die Statue im Hiroshima Peace Park enthüllt. Seit diesem Zeitpunkt schicken Menschen aus aller Welt gefaltete Friedens-Kraniche (pro Jahr ca. 10 Millionen) nach Hiroshima.
So gibt es diese Kraniche auch in Nagaski im Atombombenmuseum. Wer möchte, kann dort anhand einer Anleitung Kraniche falten.
Wer möchte selber einen Kranich falten? Hier die Anleitung dazu:
Das kleine Küstenstädtchen Obama ist berühmt für seine heissen Quellen. So dampft es aus allen “Löchern” der Stadt.
Hier gibt es mit 105 Metern länge Japans längstes Fussbad.
An der Fassung der Quelle stehen eine Art “Dampfgarer” oder zu neudeutsch Steamer. Wir beobachteten, wie Leute dort Körbe mit allerlei Esswaren reinstellten und kurze Zeit später wieder herausnahmen. (Die Garzeiten sind oben angeschrieben.)
Als wir da so gwundrig zuschauten, mussten wir sehr hungrig ausgesehen haben, denn wir wurden sogleich beschenkt: Süsskartoffeln und Eier mit Salz. Ganz frisch aus dem Vulkandampf. Sehr fein! Natürlich wollten wir da auch etwas kochen und so kam es uns sehr gelegen, dass man an einem Kiosk Körbe mieten konnte. Gesagt, getan. So kochten wir unsere ersten Eier in einem natürlichen Dampfgarer.
Nebenan befinden sich Bänke, wo man die zubereiteten Speisen auch gleich Essen kann.
Wir fuhren über die fünf Brücken von Amakusa und bestaunten die vielen Inseln.
Wir machten einen Abstecher nach Kumamoto und besuchten die Burg.
Die Sääle waren wunderschön ausgeschmückt und selbstverständlich durfte man das Schloss nur in den Socken betreten!
Nach der Besichtigung genossen wir einen feinen “Matcha“-Tee.
Das erste Probieren erinnerte uns an den grünen Schaum, der entsteht, wenn man den Rasenmäher reinigt.
Aber, nein, es ist etwas komplexer: Matcha ist gemalener Grüntee, wobei beim Blatt zuerst noch das Gerippe entfernt wurde. Damit er dann so schön schaumig daherkommt, wird er vor dem Servieren mit einem Bambusbesen aufgeschäumt.
Von wegen Rasenmäher…
Da wir bis Ende November wieder zurück in Fukuoka sein wollen, müssen wir unsere Inselrundfahrt etwas abkürzen. Wir entschliessen uns, dem Fluss nach Hitoyoshi in die Berge zu folgen.
Es war recht hügelig. Aber wir wurden mit wunderschöner Natur und schönen Aussichten belohnt.
Sogar das Nebelmeer konnten wir von oben bestaunen.
Nach dem Aufstieg ging es auch wieder runter…
… und Sibil geniesst die Fahrt durch die schöne Herbstlandschaft sichtlich.
Die Natur hat die Bäume in die schönsten Farben gehüllt.
Im kleinen Dorf von Nishimera machten wir einen Halt. In einem kleinen Lädeli kauften wir etwas Milch und bekamen sofort noch zwei Äpfel geschenkt.
Überall stehen in Japan Lautsprecheranlagen. Zum einen dienen sie als Kommunikationsmittel im Katastrophenfall (Tsunami etc.), werden aber sonst auch für die Information der Bevölkerung benutzt. Am Morgen um 07:00, um 12:00 mittags und um 17:00 Uhr abends ertönt zudem eine liebliche Melodie aus den Lautsprechern. Bruno findet es sichtlich schön.
Dies ist der alte Saumweg, der vor dem Tunnelbau benutzt werden musste. Wir sind beeindruckt, wie dieser Weg an den Felsen “geklebt” wurde.
Auch wenn dieser alte Weg nicht mehr sehr gut zu befahren ist und wir häufig schieben mussten, wir wurden mit unglaublich schönen Aussichten belohnt.
Im Osten der Insel angekommen, konnten wir dem Meer entlang radeln. Meer soweit das Auge reicht.
An der “Sun Beach” in Miyazaki, wo wir Zmittag assen und die Sonne genossen.
Zum Schluss noch zwei Leckerli
Was wir sicher wissen, das Gelbe auf dem Reis sind keine Schokostreusel. Was es jedoch genau ist, das wissen wir nicht. Es war jedoch superfein!
Wer kennt es nicht, das berühmte Itarian Curry. 🙂